Auf einen Cappuccino mit Andreas Wahlen

Andreas Wahlen
Auf einen Cappuccino mit…

„Die Trefferquote kontinuierlich hoch halten“

Andreas Wahlen, Berater des Strategie Welt Secur, über das Stillhaltergeschäft als Alternative zur Direktanlage in Aktien sowie den Mix aus fundamentaler und technischer Analyse.

Um es auf einen Punkt zu bringen: Was für ein Fonds ist Ihr Fonds?
Andreas Wahlen: Vom Typus her ist es ein Mischfonds, der die Chancen am Aktienmarkt aber mit einem Risikoabschlag wahrnimmt. Der Punkt ist doch der: Viele Anleger haben Angst davor, direkt in Aktien zu investieren, weil damit bestimmte Risiken verbunden sind. Und damit meine ich nicht nur die schwankenden Kurse. Wer also immer schon mal im Aktienmarkt engagiert sein wollte, jedoch eine Aversion gegen die Marktschwankungen hat, für den ist der Fonds ein geeignetes Vehikel.

Wenn Sie Mischfonds sagen, müssen Sie neben der Aktie ja auch Anleihen haben. Wie bauen Sie hier die Quote auf?
Wahlen: Als Mischfonds ergibt es sich richtigerweise, dass auch Anleihen im Portfolio enthalten sind. Jedoch bewirtschaften wir diesen Teil nicht aktiv, sondern setzen den Anleiheteil mit Fonds um. Das können reine Rentenfonds sein mit Managern, denen wir einen soliden Job zutrauen, oder aber passive ETFs auf bestimmte Rentenindizes. Letztlich ist der Anleiheanteil als Liquiditätsreserve gedacht.

Damit geben Sie uns das Stichwort. Frei bewegen bedeutet atmende Bandbreiten. Wo ziehen Sie diese ein?
Wahlen: Die Aktienbandbreite atmet überwiegend zwischen 30 und 60% des Fondsvermögens, sehen wir mehr Chancen am Aktienmarkt, ist die Quote eher höher, und umgekehrt. Die Rentenseite passt sich diesem Bias entsprechend an und soll eine schwankungsarme Liquiditätsreserve sein. Hier wird keine Marktmeinung umgesetzt. Es kann ja immer auch einmal sein, dass wir – aber dazu kommen wir später – über unsere Optionsgeschäfte ausgeübt werden und Aktien kaufen müssen. Das ist kein Problem, wenn man eine Liquiditätsreserve hält. Genau so ist diese zu sehen.

Auf der Aktienseite ist es spannend, dass Sie einen Mix an technischen und fundamentalen Indikatoren zur Aktienselektion nutzen. Wo beginnen Sie mit der Analyse?
Wahlen: Zunächst einmal haben wir einen hauseigenen Indikator, der sich aus zwei gleitenden Durchschnitten zusammensetzt: dem 5-Monats- sowie dem 10-Monatsdurchschnitt. Immer zum Monatsende aktualisieren wir die Berechnungen und erhalten Signale für einzelne Aktien. Hier schauen wir uns dann die Fundamentaldaten an und ergänzen dieses Bild um die charttechnische Analyse. Unser Prozess folgt also diesen drei Stufen, und zwar diszipliniert. Bei den Fundamentaldaten sind es das KGV, das KUV sowie die Dividendenrendite, die für uns relevant sind. Das KGV sollte unter 20, das KUV unter 1 liegen, zudem sollte eine Dividende gezahlt werden. Von der charttechnischen Konstellation her muss sich ein solider Trend abzeichnen, die Aktie sich also im Aufwärtstrend befinden und oberhalb der 200-Tage-Linie notieren. Damit bestätigt der Chart am Ende nur das Signal des Indikators, den ich eingangs schilderte. Interessant sind für uns im Übrigen starke Bewegungen an einem Tag, das ist praktisch eine Beobachtungsschleife über Gewinner und Verlierer des Tages, über die wir häufig spannende Gelegenheiten aufspüren.

Bei der charttechnischen Analyse nutzen Sie beispielsweise auch Dinge wie die Saisonalität. Warum das?
Wahlen: Unser Auswahlprozess auf der Aktienseite ist dann gut, wenn wir die Trefferquote kontinuierlich hoch halten. Entsprechend ziehen wir Relative-Stärke-Analysen hinzu oder suchen nach verlässlichen Mustern. Wir haben festgestellt, dass zum Beispiel die Jahresend-Rallye tatsächlich existiert. Hätten Sie in den vergangenen 25 Jahren immer nur im vierten Quartal eines Jahres investiert, wären Sie genauso gut gefahren wie als wären Sie immer investiert gewesen. Der Dow Jones macht 90% seines Ertrags zwischen November und April, und nur 10% seines Ertrags im restlichen Jahr. An diesen Saisonfaktoren muss also etwas dran sein. Gerade für unsere Stillhaltergeschäfte sind solche zusätzlichen Filter wichtig, um eben genannte Trefferquote zu erhöhen.

Inwiefern fußen darauf auch Teile Ihres Risikomanagements?
Wahlen: In meinen Augen geben mir Instrumente wie die Saison-Betrachtungen eine gute Hilfe an die Hand, genau die großen Rücksetzer zu vermeiden. Der geschilderte Prozess zeigt Kaufsignale an, filtert fundamental attraktiv bewertete und charttechnisch aussichtsreiche Titel heraus. Saisonalitäten wiederum geben uns ein Gefühl für Kauf- und Verkaufszeitpunkte bzw. für Zeitpunkte, an denen wir reagieren müssen. Diese beachten wir streng, außerdem staffeln wir die Stillhaltergeschäfte nach Fälligkeit.

Womit wir bei dem Alleinstellungsmerkmal des Fonds wären.
Wahlen: Der wichtigste Punkt bei Stillhaltergeschäften ist die Statistik. Anhand eines Beispiels kann ich Ihnen das Ganze kurz erläutern. Wenn eine Aktie bei 200 Euro steht, verkaufen wir eine Put-Option mit einem Basispreis von 185 Euro und vereinnahmen durch den Verkauf des Puts eine Prämie in Höhe von 3,37 Euro. Das heißt, wir bekommen erst ein Problem unterhalb von 181,63 Euro, ab da fangen wir an, Geld zu verlieren. Jetzt fragen Sie sich, wie oft eine Aktie – statistisch – um etwa 10% in zweieinhalb Monaten gefallen ist. Das passiert nicht oft. Die Statistik sagt Ihnen, dass 80% dieser Geschäfte ein positives Ende nehmen. Die Statistik legt also nahe, solche Stillhaltergeschäfte einzugehen – solange nicht so etwas passiert wie bei E.ON oder RWE. Es existiert ein Index, der Euro Stoxx Put Write, der das Ganze von der Marktseite her untermauert. Nie ist der Markt um 25% oder mehr abgestürzt, um sich nicht schnell wieder von diesem Rückschlag zu erholen. Das Risiko, dass ich mal erwischt werde, ist da, aber mit etwas Warten werde ich dann auch schnell wieder zu meinen Einstandskursen zurückfinden.

Stillhaltergeschäfte sind also für Sie ein Puffer-Geschäft?
Wahlen:Ja, in die Richtung geht es. Ich bin am Aktienmarkt aktiv, nehme aber das Risiko ganz wesentlich heraus. Wir schlagen für die Stillhaltergeschäfte im Übrigen einen Risikoabschlag von durchschnittlich zwischen 10 und 15% vor, weil das in der Regel in einer gestaffelten Anlage reicht. Im Fonds setzen wir das genauso um.

Vielen Dank für die Erläuterungen.

Andreas Wahlen ist Geschäftsführer der WBS Hünicke Vermögensverwaltung, die im Jahr 2013 aus einer Fusion zweier Vermögensverwaltungen hervorging. Er berät zudem die beiden vermögensverwaltenden Fonds von WBS Hünicke, den Strategie Welt Select sowie den Strategie Welt Secur.