Mehr als E-Mail und Social Media

MünchnerStiftungsFrühling - Die digitale Stiftung - Workshop
MünchnerStiftungsFrühling - Die digitale Stiftung - Workshop

Mehr als E-Mail und Social Media

Die Digitalisierung im Stiftungswesen nahm breiten Raum beim 2017er MünchnerStiftungsFrühling ein. Nicht weil Stiftungen heute bereits besonders digital „unterwegs“ sind, sondern weil die Neugier auf die Vorteile von digitalen Bausteinen bei Stiftungen doch einigermaßen groß ausgeprägt ist. Wobei das Wörtchen einigermaßen das Dilemma einigermaßen beschreibt. Von Tobias Karow

Digitalisierung ist im Stiftungsbereich eben gerade noch nicht in allen Vorstandssitzungen angekommen, wenngleich es Beispiele gibt, wie Stiftungen sich der Herausforderung stellen. Es gibt Stiftungen wie die Felix Burda Stiftung, die zur Gänze eine digitale Identität ausgebildet haben und viel experimentieren. Machen statt abwarten heißt es hier richtigerweise.


Kennen Sie das? Ihre Großmutter ruft bei Ihrem Enkel an und erzählt völlig aufgelöst die Geschichte, wie sie vorhin das Internet abgeschaltet hat. Minuten guten Zuredens später ist das Ganze dann doch nur halb so wild und das Browserfenster wieder geöffnet. Zugegeben, solche Beispiele werden heute etwas seltener, aber in manchen Stiftungsratssitzungen dürfte es durchaus um die Frage gehen, ob man eine Website oder einen E-Mail-Account braucht oder wie man minimalinvasiv Fundraising machen könnte, etwa über einen Spendenbutton unten auf der Startseite. Um hier etwas Ordnung hinein zu bringen, haben Hypovereinsbank und Rödl & Partner zu Beginn des MünchnerStiftungsFrühlings in der BMW-Welt das Workshop-Café Die digitale Stiftung veranstaltet und die Highlights direkt noch einmal in die HVB Stiftungsakademie am letzten Tag des MünchnerStiftungsFrühlings gespiegelt. Beide Workshops hatten eines gemeinsam: Die Diskussionen kitzelten die wirklich bewegenden Fragen seitens der Stiftungen heraus, und Stiftungen ihrerseits haben eifrig den Kugelschreiber bemüht, um sich Notizen zu machen.

Von kleinen Dingen und hohen Hürden
Im Workshop-Café gleich am ersten Tag des MünchnerStiftungsFrühlings wussten die Tischgastgeber mit ihren Themen zu faszinieren. Michael Beier von der Heinz Sielmann Stiftung brachte das Thema Bewegtbild mit in die Runde und zeigte, wie man eine Präsentation entlang der eigenen Stiftungswebsite durchführen kann. Jürgen Vaske von der Systemgruppe stand für den Fragenkomplex Infrastruktur zur Verfügung und erörterte glaubhaft, dass Stiftungen heute keine Scheu mehr vor IT haben müssen und sie stattdessen durch den richtigen Einsatz passender Software Geld und auch Ressourcen sparen können. Lucy Schweingruber vom Deutschen Roten Kreuz sowie Bettina Trabandt von der Universität Hamburg wiederum nahmen sich des Themas Fundraising an, beide sind echte Praktikerinnen und konnten Stiftungen erklären, welche Strategien im Fundraising funktionieren und welche nicht. Bettina Trabandt wies darauf hin, dass vor dem erfolgreichen Fundraising die gute Kommunikation steht. Sonst käme niemand auf die Idee, die Website einer Stiftung zu besuchen oder ihre Social Media Kanäle zu nutzen und dann im besten Fall zu spenden. Sie regte auch an, die Website für das Sammeln von Adressen zu nutzen, um später mit den Interessenten in Kontakt treten zu können und diese für die Organisation als Spenderinnen und Spender zu gewinnen. Carsten Frederik Buchert wiederum stand genau für den Themenkreis Kommunikation und zeigte auf, welch mannigfaltige Instrumente auch Stiftungen heute bereits zur Verfügung haben – und wie niedrig die Schwellen sind, diese auch zu nutzen.

Wichtig bei alldem war natürlich, Stiftungen dort abzuholen, wo sie in ihrer täglichen Praxis gerade stehen. Genau das hat das Workshop-Café dann auch erreicht. Jene Stiftungsvorstände, die ihre Probleme mitbrachten, berichteten von Hürden beim Websiteneubau, bei der Spenderansprache oder auch dem passenden Außenauftritt. Dies alles sind wichtige Aspekte einer Stiftung, nur sind alle diese Aspekte nur Teildisziplinen, die durch die Digitalisierung nun neu auf den Tischen vieler Stiftungsvorstände aufschlagen. Die entscheidende Frage ist, wie Digitalisierung die Stiftungspraxis täglich besser machen kann, und darum ging es dann auch in den Tischgesprächen. Wenn Michael Beier von der Heinz Sielmann Stiftung etwa davon berichtet, dass er seine Stiftung via Mobiltelefon kontrolliert, er seine komplette Verwaltung mit wenigen Klicks im Blick hat, dann beeindruckt das auch deshalb, weil es vom Prozess her gedacht ist. Eine Stiftung ist dann schlagkräftig, wenn Projekte zeitnah evaluiert, wenn sie frisch kommuniziert und wenn sie eine Kernbotschaft fabriziert. Vor allem aber ist sie schlagkräftig, wenn all diese Dinge nicht nebeneinander sondern ineinandergreifend aufgesetzt sind. Genau hierzu bereitet die Digitalisierung Stiftungen ein breites Spielfeld.


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Digitale Bausteine machen Stiftungspraxis besser
Für Jürgen Vaske von der Systemgruppe ist es erstaunlich, dass immer noch so viele Stiftungen beispielsweise keine saubere Datenverwaltung haben oder ihre Spendenbelege händisch ausstellen. Ihm war es wichtig, den anwesenden Stiftungen die Scheu vor einer neuen Software oder gar dem Begriff Cloud zu nehmen. Stiftungen können heute gerade durch solche Werkzeuge ihre Prozesse optimieren und letztlich darüber Räume für die eigentliche Stiftungsarbeit schaffen. „Die passende IT reduziert den Aufwand für die Verwaltung der Stiftung teilweise erheblich, und macht sie freier, ihrem eigentlichen Auftrag nachzugehen.“, wusste Vaske in der abschließenden Fragerunde zu bestätigen. Ansonsten förderte das Workshop-Café Die digitale Stiftung drei zentrale Botschaften für Stiftungsverantwortliche zutage:


  • Stiftungen sollten sich die Frage stellen, was in ihrer täglichen Praxis nicht richtig rund läuft und dann nach Verbesserungsmöglichkeiten suchen. Sehr wahrscheinlich wird es digitale Bausteine geben, die die Stiftungsarbeit besser machen können. Digitalisierung ist auch die Denke vom Prozess her, nicht so sehr von der einzelnen Maßnahme.

  • Stiftungen sollten Digitalisierung nicht auf Fundraising oder Social Media reduzieren. Diese beiden Disziplinen sind einzelne Aufgaben, die für sich wie selbstverständlich zur heutigen Stiftungspraxis gehören sollten, die jedoch nicht den Kern einer Digitalstrategie einer Stiftung darstellen.

  • Stiftungen sehen den finanziellen Aufwand als hoch an, dazu auch den Aufwand, sich selbst mit den neuen Werkzeugen vertraut zu machen. Stiftungen vermuten Mehraufwand und Mehrkosten hinter der Digitalisierung und stellen den Nutzen daher oft in Frage. In Wahrheit ist es eher ein Schwellenproblem: Anfangs ist der Aufwand hoch, nimmt dann jedoch mit zunehmender Routine ab, bis er insgesamt niedriger angesiedelt sein dürfte als vor der Implementierung einer Digitalstrategie.

Fazit
Stiftungen und Digitalisierung – das sind zwei Welten, die sich noch nicht richtig gefunden haben. Damit Stiftungen aber nicht durch die Digitalisierung abgehängt werden, sollten sie hier und da ein wenig in die Materie eintauchen. Genau das war die Idee hinter dem Workshop-Café Die digitale Stiftung während des MünchnerStiftungsFrühlings. Stiftungen brachten ihre Fragen mit, und diskutierten diese mit anderen Stiftungen, die sich auf den Weg in die digitale Welt gemacht haben. Heraus kam eine lebhafte Diskussion, samt der Erkenntnis, dass Stiftungspraxis besser werden kann. Und manchmal sogar einfacher, und das käme nun wirklich jeder Stiftung zugute.