Auf einen Cappuccino mit Bettina Model

Bettina Model
Auf einen Cappuccino mit...

"Dann überholt sich das Modell der Stiftung"

Sie sitzt in ihrem Büro unweit der Münchner Ludwig Maximilians-Universität, und schon mit dem ersten Satz weiß man, dass Bettina Model eine Freundin klarer Worte ist. Sie gilt als Expertin für Kommunikation und gewiefte Netzwerkerin und leitet die Geschicke der Deutschen Kinderrheuma-Stiftung seit nun mehr 4 Jahren. Im Gespräch lässt sie den MünchnerStiftungsFrühling (zur Website) aus ihrer Sicht Revue passieren und nennt die großen Themen, die Stiftungen derzeit mal mehr mal weniger akut beschäftigen.

Was ist bei Ihnen beim Blick zurück auf den MünchnerStiftungsFrühling, also Deutschlands größter Stiftungswoche, im Gedächtnis geblieben?
Bettina Model: Also ich muss sagen, dass das für mich ein zweischneidiges Schwert ist. Unsere eigene Veranstaltung war richtig voll, dahingehend war der MünchnerStiftungsFrühling ein Erfolg. Wir konnten unser Netzwerk, mit dem wir bereits arbeiten, aktivieren. Das ist wunderbar. Wenn ich jedoch im Bekanntenkreis frage, ob jemand beim MünchnerStiftungsFrühling war, ob sie sich angesprochen fühlen, dann fällt das Fazit hier vorsichtiger aus. Viele fragten mich, was der MünchnerStiftungsFrühling ist und ob sie dahin gehen sollen. Genau das ist die Frage. Wir wollen ja Stiftungen einer breiteren Öffentlichkeit zuführen, also wollen wir dass die Öffentlichkeit auch beim MünchnerStiftungsFrühling zu Gast ist. Für die Stiftungslandschaft ist die Veranstaltung mittlerweile bekannt und ein Pflichttermin, für alle anderen nicht, weil sie nicht wissen was es ist.

Wenn wir mit dem Brennglas mal auf die Stiftungen schauen, die beim MünchnerStiftungsFrühling mit dabei waren. Was waren und sind deren aktuell drängendsten Fragen?
Model: Ich weiß, dass sehr viele da waren, weil sie mit ihren Aktivitäten gesehen werden wollten. Sie wollten sich auch besser vernetzen in der Stadt, aber die konkrete Erwartung, man würde direkt einen neuen Spender gewinnen, die habe ich nicht wahrgenommen. Genau das höre ich auch, dass Stiftungen sich sehr viele Gedanken über Fundraising machen, wie man also an neue Spender herankommt. Damit eng verknüpft ist die Frage der passgenauen Öffentlichkeitsarbeit, dazu habe ich auch mit vielen gesprochen, die sich fragen, wie sie mit Presse und Internet mehr Aufmerksamkeit für sich erzeugen. Das wiederum ist ein Themenkreis, der eng mit dem Webauftritt zusammenhängt, über den machen sich aktuell viele Stiftungen Gedanken. Das ist auch hinsichtlich der jungen Menschen wichtig. Ich halte es für nicht gut, dass die jungen Gamer, die auch bereits in ihren Online-Spielen tausende Euro sammeln für karitative Zwecke, bei Stiftungsveranstaltungen so wenig stattfinden.

Auf dem Stiftungstag in Osnabrück gab es aber ein Panel mit einem jungen Gamer und unter anderem der Deutsche Stiftung Spielekultur.
Model: Na immerhin. Aber mal eine Veranstaltung in einer coolen Location zu machen, bei der sich dann Gamer und Stifter einmal gegenübersitzen, von mir aus in einem Speed-Dating, dafür würde ich mir den MünchnerStiftungsFrühling als Rahmen wünschen. Denn die jungen Menschen sind die Spender von morgen, nur wenn ich sie erst morgen anspreche, ist es zu spät. Wenn für Stiftungen in München so eine Veranstaltung stattfände, hätten wir mal einen Ansatz, diese beiden Welten zueinander zu bringen.

Ein Versuch in diese Richtung war ja das von uns während des MüchnerStiftungsFrühlings veranstaltete Workshop-Café zu Die digitale Stiftung. Was gab es sonst noch für Themen, die drängen?
Model: Ganz klar, der Niedrigzins. Die Fragen dazu wurden von vielen Stiftungen gestellt. Vor allem wie man dem begegnen soll. Wenn es mit dem Zins bzw. den Erträgen so weitergeht, dann überholt sich ja das Modell der Stiftung. Denn wir müssen an unser Stiftungskapital ran, wenn es keine Erträge mehr gibt, oder Stiftungen eben ihre Kapitalanlage nicht professioneller aufstellen. Der Niedrigzins kann für Stiftungen durchaus immer öfter auch mal die Existenzfrage stellen. Die Stiftungen haben halt in meinen Augen, das ist das was ich wahrnehme, im Moment zu wenig Vertrauen zu Finanzhäusern. Da müssen die Banken und Vermögensverwalter wieder Zahlen und Daten liefern, denen man vertrauen kann. Stiftungsberater können noch so gut ausgebildet sein, sie müssen auf den Stifter oder den Vorstand auf einer persönlichen Ebene eingehen, ihn auf dieser Ebene abholen. Ein Verantwortlicher in einer Stiftung denkt heute anders über das Thema Kapitalanlage als noch vor 10 oder 15 Jahren, aber er denkt eben auch anders als so mancher Stiftungsberater in einer Bank.

Wie finden sich also diese beiden Seiten?
Model: Für mich muss es weg gehen vom Produkt hin zum persönlich und reflektierten Austausch. Wenn Stiftungen heute so was hören wie sichere Anlage, dann stellen sich bei denen schon die Nackenhaare auf. Wenn eine Bank heute eine Veranstaltung machen will, dann sollte sie keine Produkte dort auffahren sondern die Perspektive wechseln. Was will denn jemand erreichen, der sein Vermögen gestiftet hat. Dem geht es nicht um das Geld, entsprechend kann man einen Stifter nicht zum Geld und dessen beraten. Dieser will eher wissen wie es weitergeht mit der Stiftung, wie er sie entwickeln kann, wie durch die Stiftung die Zukunft gestaltet werden kann. Das hat nämlich zur Gänze mit Stiftungen zu tun. Wir werden in 15 oder 20 Jahren viele Jobs nicht mehr vorfinden, was die Gesellschaft verändern wird. Dann braucht es Akteure wie Stiftungen, die hierauf Antworten haben, die Ideen und Konzepte haben, wie sie der Gesellschaft an genau diesem neuralgischen Punkt helfen können. Diesen Diskurs muss ich mit Stiftungen und ihren Verantwortlichen führen, wenn ich sie erreichen will.

Das Stiftungsvermögen ist dann nur mehr Mittel zum Zweck, als Stiftungsvorstand habe ich die Verwaltung dessen delegiert, bin nur mehr in der Controller-Rolle. So in etwa?
Model: Ja, in diese Richtung könnte es gehen. Das Problem ist doch, dass zuletzt zu viel schief gelaufen ist. Wie viele Stiftungen erzählen, dass sie hier oder da falsch beraten wurden und Geld verloren haben? Das Vertrauen hat einfach gelitten, Stiftungen fühlen sich auch nur unzureichend informiert. Und jetzt kommt regulatorisch gedingt auch noch mehr Papier dazu, das schreckt Stiftungen eher noch ab.

Was war daneben abschließend noch Thema?
Model: Wie haben ja im Workshop gemeinsam über das Thema Veranstaltungen gesprochen, darüber, wie man sachgerecht beispielsweise eine Tombola durchführt. Was mich dabei überrascht hat war, dass sie die meisten dort nicht extern beraten lassen in diesen kniffligen Fragen. Veranstaltungen haben aber das Problem, dass Fragen erst dann auftauchen, wenn man anfängt, eine Veranstaltung zu organisieren. Wir haben Lesungen gemacht, auf Christkindlmärkten ausgestellt, Spendenläufe durchgeführt, und für mich war es in dem Workshop wichtig zu sehen, dass ich aus diesem Workshop, aus diesem Austausch jede Menge für mich mitgenommen habe. Auf diese Austauschebene müssen Stiftungen mehr gehen, und sie wollen das ja auch.

Entsprechend braucht es Bühnen wie den MünchnerStiftungsFrühling. Haben Sie vielen Dank für das offene Gespräch.

Das Interview führte Tobias M. Karow.

Hinweis: Bettina Model war in ihrer Funktion als Geschäftsführerin der Deutschen Kinderrheuma-Stiftung Impulsreferentin beim Workshop-Tag bei Rödl & Partner im Rahmen des MünchnerStiftungsFrühlings (zur Website). Sie ist zudem Vorsitzende des Arbeitskreises Gesundheitsstiftungen beim Bundesverband Deutscher Stiftungen. .